Sabine K. ist Projektleiterin in einem IT-Unternehmen. Sie hatte diesen Job erst vor einigen Monaten angenommen, ihre vorherige Stelle hatte sie gekündigt, weil sie sich nicht genügend gewertschätzt und bei Beförderungen übergangen fühlte. „Ich weiß es klingt eingebildet, aber da wurden immer weniger kompetente Kollegen bevorzugt. Davon hatte ich die Nase voll.“
Ihre jetzige Arbeit gefällt ihr, jedoch befürchtet sie business as usual. „Es ist wie vorher“ erzählt sie „bei Meetings komme ich kaum und zu Wort, die Alphatiere wischen mir so oft über den Mund, bis ich gar nichts mehr sage“. Ihr Wunsch an mich: Sie will lernen, besser zu kommunizieren.
Kommunikationstraining hilft nur mit einer veränderten inneren Haltung.
Ein guter Ansatz. Mir schien es in einem ersten Schritt allerdings wichtiger herauszufinden, wieso sie Schwierigkeiten hat, sich zu behaupten. Die Begriffe „Alphatier“ und „business as usual “ waren ein gutes Indiz dafür, dass ihrem Problem mit reinen Kommunikationstechniken nicht beizukommen war. Sondern dass wir da ansetzen sollten, wo das Problem entstanden war, in ihrem Lebensksript.
Sabine neigte dazu, sich höflich zurückzuhalten und überaus kooperativ zu verhalten. Sprich: sehr angepasst. Sie verhielt sich wie die kleine Sabine, die sich in ihrer Kindheit auf diese Art und Weise Zuneigung sichern wollte und in vorauseilendem Gehorsam versuchte, es allen Recht zu machen und niemals negativ aufzufallen. Das war ihre Konditionierung und diese wurde ihr in der männerdominierten IT-Branche rasch zum Verhängnis. Anstatt sich beliebt zu machen, wurde sie nicht wahrgenommen, anstatt sich Respekt und Wertschätzung zu verschaffen, fiel sie in die hinteren Ränge zurück.
Wer mit den Wölfen tanzt braucht Taktgefühl. Und muss dennoch den Takt vorgeben.
Im Coaching arbeiteten wir also an diesen alten Glaubenssätzen, die ihre Karriere blockierten. Mit Introvisonscoaching lösten wir die hinderlichen Muster auf und vereinbarten einen nächsten Termin, um in einem Rollenspiel das neue, selbstbewusstere Auftreten zu prüfen und zu festigen. Kurz vor diesem Termin rief sie mich an um zu fragen, ob sie ihren Hund mitnehmen könne, sie hätte anschliessend einen Termin beim Tierarzt und es sei zu heiss, ihn im Auto zu lassen. Kein Problem, ich liebe Hunde und war begeistert, als sich ihr Hund als eine 5-jährige Flat Coat Retriever Hündin, Namens Saskia, entpuppte. Meine Lieblingshunde, ich hatte selbst jahrzehntelange Flatties! Wir tauschten einige Anekdoten über diese so verspielten und energiegeladenen Hunde aus. Nachdem ich Sabine im Umgang mit ihrem Hund beobachtet hatte, beglückwünschte ich sie zu ihrem wohlerzogenen Hund, worauf hin sie mir erklärte, dass es gar nicht so schwierig sei, Hunde zu erziehen. Man müsse sich nur klar als Rudelführer positionieren, ruhig und sicher bleiben, denn der Hund würde auf die kleinste Unsicherheit reagieren. Ich schmunzelte und bat Sabine, mit genau dieser Einstellung in unser Rollenspiel einzusteigen und diese Ressource für das nächste Meeting zu nutzen.
Alphatiere, ein Flat Coat Retriever und ein Rollenspiel.
Ich nahm dieses Rollenspiel mit einer Videokamera auf, schlüpfte in die Rolle der Alphatiere (eine Rolle, die ich aus meiner früheren Arbeit in der Finanzbranche gut kannte) und wir sahen uns diese Aufnahmen gemeinsam an. Sabine war selbst überrascht, wie leicht es ihr seit dem Introvisionscoaching nun fiel, sich zu behaupten und ihre Meinungen und Vorschläge bestimmt und souverän zu vertreten. Ich bekam dann nur noch eine Email meiner Kundin, in der sie mir mitteilte, dass sie dieses Rollenspiel nun auch in ihrer Firma beherrschte. „Ich kann das jetzt, Kontra geben. Ohne herrisch zu sein und ohne andere zu überfahren. Das fühlt sich richtig gut an.“
Ich hörte nie wieder etwas von Sabine, sie hatte sich selbst und die anderen Tiere wohl bestens im Griff.